28. EPIG Treffen in Magdeburg vom 13. – 15. April 2018
28th Annual EPIG Convention in Magdeburg, 13 – 15 April 2018. This year’s Annual Convention took place in Magdeburg (Saxony-Anhalt) where we were guests in Germany’s first communal plant collection dating back to 1896, the ‘Gruson-Gewächshäuser’ (greenhouses; Fig. 7). Friday afternoon 13th we gathered in the fernhouse for our members session and discussed current topics (Fig. 1). Tobias Pfeil, our leader, proposed his ideas for a sanctuary collection to preserve precious plant material as well as a seed distribution for EU members. He also gave a brief account on the activities and a statistical evaluation of the EPIG facebook group. Active members are traceable to D (200), USA (63), HU (33), CH and F (9 each) among others and are most likely belonging to the age range from 45 to 54. – Horst Kündiger dealt with the new legislative requirements governing our homepage www.epig.org which contains a great number of pictures by now. The DVD edition of the EPIG journal vols. 1989-2005 is still available from him by transferring 25 € to the EPIG account (see imprint). – Jochen Bockemühl was wondering on behalf of the EPIG journal’s editorial staff if a printed journal which requires much effort is worth while having in the light of social media. The floor emphasized the need to have an edited quality magazine in contrast to the short discussions in internet forums. He also reminded the forthcoming 30th anniversary of our community in 2019 and encouraged authors to contribute to our magazine by manuscripts in any language.
On Saturday 14th we met at the Gruson-Gewächshäuser for a gardener guided visit in two groups (Figs. 2, 3). At first we were given an introduction to the origins and the history of the collection which was founded by the German inventor Hermann Gruson who made money with his heavy equipment and armament plant. Due to the continuous enlargement of the private collection e.g. by sending his chief gardener Albert Mathsson to a Mexico expedition, and plant material sent from there by Karwinsky, it ranked among the most important in Europe in the 19th century. According to Gruson’s last wish it was made public soon after his death. To honour his merits, Echinocactus grusonii and the genus Grusonia are named after him. During WW II and its aftermaths 2/3 of the collection was destroyed but soon after reopened to the public step by step. After these preliminary words we made the circuit through the 11 greenhouses which also house some animals. – After lunch Ruud Tropper and Tobias Pfeil held a seminar on grafting demonstrating the techniques published by Ruud in EPIG nos. 75 and 76 (Fig. 4). Later in the afternoon Ruud also gave a slide show about his S. x reginae crossings one of which is already portrayed in EPIG no. 79 (‘Frony’). – Dinner was followed by our renowned EPIG party (Figs. 5, 8). Our convention was completed on Sunday morning 15th by a guided visit behind the scenes of the Gruson-Gewächshäuser and we gratefully acknowledge the enthusiasm of the staff which made possible these insights. (Abstract by the author)
Unser 28. Jahrestreffen führte uns dieses Jahr nach Magdeburg, wo wir in den Gruson-Gewächshäusern zu Gast sein durften. Diese bilden bereits seit 1896 den städtischen Botanischen Garten, stellen damit die erste kommunale Pflanzensammlung Deutschlands dar und verfügen – hierzulande einmalig – über keine Außenanlage.
Den Auftakt bildete am Freitag Nachmittag die Mitgliederversammlung im Farnhaus der Gruson-Gewächshäuser (Abb. 1), in dem uns deren Leiter Dr. Ludwig Martins namens der Einrichtung sowie unser Leiter und Organisator des Treffens, Tobias Pfeil, herzlich begrüßten. Zu Beginn gedachten die 38 Teilnehmer unseres verstorbenen Mitglieds Kurt Hupke (s. Nachruf in EPIG Nr. 80). Hernach stellte Tobias Pfeil seine Ideen für eine Schutzsammlung der EPIG zum Erhalt von dokumentierten und zweifelsfrei identifizierten, besonders schützenswerten epiphytischen Kakteen nach Vorbild der Deutschen Bromelien-Gesellschaft vor (http://de.dbg-web.de/Schutzsammlung), durch die wertvolles Pflanzenmaterial z.B. im Sterbefall der Besitzer bzw. Züchter dauerhaft erhalten werden könnte. Für botanische Arten mit dokumentierter Herkunft stünde darüber hinaus auch der Botanische Garten Jena zur Verfügung. Eine derartige Dauereinrichtung könne etwa in Trägerschaft eines zu gründenden Vereins oder einer Stiftung eingerichtet werden und auf dem Gelände eines Thüringer Gewerbeparks realisiert werden. Durch regional ansässige Mitglieder sei auch die Pflege der Sammlung zunächst einmal gewährleistet. Anschließend berichtete Tobias Pfeil über die Erfahrungen der Jahre 2016 und 2017 mit einem Stand der EPIG auf der Raritätenbörse im Botanischen Garten Jena, der dank Christiane Czypionka, Christa und Horst Kündiger, Florian Weida und ihm selbst besetzt werden konnte. Trotz deren Engagements konnte dabei leider zuwenig Interesse an der EPIG geweckt werden und es überwogen per Saldo die Ausgaben. – Die Mitgliederzahl ist seit unserem letztjährigen Treffen in etwa gleich geblieben und liegt bei gut 160. Die Kosten dieser Zeitschrift können aus den Gesamteinnahmen gedeckt und der Mitgliedsbeitrag somit voraussichtlich stabil gehalten werden.
Horst Kündiger, der unseren Internetauftritt vorbildlich betreut (www.epig.org), machte auf die umfangreichen neuen Bildgalerien auf der Homepage aufmerksam. Weitere (eigene) Fotos hierfür sind jederzeit erwünscht (horst@kuendiger.com, s. EPIG Nr. 79). Von ihm können Sie auch weiterhin eine personalisierte DVD mit den EPIG-Jahrgängen 1989-2005 gegen Überweisung von 25 € auf das EPIG-Konto (s. Impressum) erhalten. Ausführlich erläuterte er außerdem die Probleme, die sich aus den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ergeben und der Notwendigkeit, auf den Einsatz von Cookies beim Besuch der Seiten hinzuweisen. Tobias Pfeil referierte sodann über die stetig wachsende Facebook-Gruppe der EPIG mit nunmehr 523 Mitgliedern (Stand April 2018), wovon sich ca. 400 aktiv beteiligen. Die statistische Aufschlüsselung ergab, dass das Geschlechterverhältnis der Gruppenmitglieder etwa ausgewogen ist, dass sich die Altersgruppe von 45-54 am meisten beteiligt und dass sich die Herkunft der Aktiven grob wie folgt aufschlüsseln lässt: D 200, USA 63, HU 33, CH 9, F 9.
Prof. Jochen Bockemühl stellte für die Redaktion dieser Zeitschrift zur Diskussion, ob im Hinblick auf die intensive Kommunikation über die sozialen Medien eine klassische, viel Arbeit verursachende Zeitschrift noch zeitgemäß und gewünscht sei. Aus den Reihen der Mitglieder wurde jedoch die Meinung geäußert, die Zeitschrift EPIG nicht aufzugeben, da sie umfassende und qualitativ geprüfte Beiträge enthalte, im Gegensatz zu den kurzen, eher im Sinne einer Diskussion zu verstehenden Bemerkungen in den Foren. Weiterhin kündigte er mit dem letzten Heft (EPIG Nr. 80) eine etwas umfangreichere Ausgabe zu deren „runden Geburtstag“ an, die auch mit dem 25jährigen Jubiläum seiner Schriftleitung verbunden ist. Außerdem erinnerte er an das 30-jährige Bestehen unserer Interessengemeinschaft im Jahr 2019. Wie immer sind Beiträge für die Zeitschrift herzlich willkommen – unsere Gemeinschaft lebt davon! – und Autoren werden mit aller redaktionellen Hilfestellung bedacht. – Tobias Pfeil regte im Anschluss die Einrichtung einer Saatgutverteilung nach Vorbild der Fachgesellschaft für andere Sukkulenten (FGaS) an, was die Attraktivität eines Beitritts zur EPIG weiter steigern könnte. Nach Diskussion des Für und Wider eines eigenen Saatgutversands und der Probleme, die sich mit Hybridsaatgut ergeben, wurde beschlossen, nur artreines Saatgut abzugeben. Näheres hierzu finden Sie in dieser Zeitschrift an anderer Stelle.
Am Samstag versammelten wir uns um 10 Uhr im Foyer der Gruson-Gewächshäuser, wo wir in zwei Gruppen von den langjährigen Gärtnern Uwe Naumann, Stefan Neuwirth und Michael Packbauer durch die Einrichtung geführt wurden (Abb. 2 und 3). Zu Beginn bekamen wir einen ausführlichen Überblick über die Ursprünge und die Geschichte der Gewächshäuser, die auf den Sammler Hermann Gruson zurückgehen. Dieser trug mit Hilfe seines Obergärtners Albert Mathsson, der auch eine Sammelreise nach Mexiko unternahm, eine der bedeutendsten Kakteensammlungen im Europa des 19. Jahrhunderts zusammen. Nach seinem Tod 1895 ging die Sammlung wunschgemäß zusammen mit einem namhaften Geldbetrag an die Stadt Magdeburg, unter anderem unter der Maßgabe, diese öffentlich zugänglich zu machen. Ihm zu Ehren wurden der altbekannte Echinocactus grusonii und die Kakteengattung Grusonia (Opuntioideae) benannt.
Der einer Hugenottenfamilie entstammende Ingenieur und Unternehmer Gruson gründete das Grusonwerk Magdeburg-Buckau und entwickelte es zu einem der wichtigsten Schwermaschinenbau- und Rüstungsunternehmen Deutschlands. Durch das hier entwickelte Hartgussverfahren erhielt es viele Aufträge des preußischen Militärs und beherrschte mit seinen Panzertürmen viele Jahre den Weltmarkt. Das Werk wurde 1893 an die Alfred Krupp AG verkauft und existierte in der DDR zuletzt als VEB Schwermaschinen-Kombinat „Ernst Thälmann“ (SKET).
Im zweiten Weltkrieg wurden zwei Drittel der Pflanzensammlung zerstört, auch der Teil, der nach Muskau ausgelagert worden war. Recht bald danach wurden die Schauhäuser nach und nach wieder zugänglich gemacht. 2010 erfolgte der erste Bauabschnitt einer umfassenden Sanierung der Anlage, bei der unter anderem das Palmenhaus rekonstruiert und ein neues Eingangsgebäude gebaut wurde. Ab 2019 stehen die restlichen Gebäude (Kakteen-, Farnhaus u.a.) an. Weitergehende Informationen finden sich auf den Internetseiten www.gruson-gewaechshaeuser.de sowie in mehreren Wikipedia-Einträgen. Die heutige Einrichtung beschäftigt gut 11 Personen, davon 7 Gärtner und einen Tierpfleger in Teilzeit, und verzeichnet ca. 30.000 Besucher jährlich.
Es schloss sich der Rundgang durch die einzelnen Häuser an. Im zuletzt in den 1970er Jahren sanierten Farnhaus zum Beispiel, das auch als Veranstaltungsort genutzt wird, stammt ein ca. 180 Jahre alter Sagopalmfarn (Cycas circinalis) noch aus Grusons Zeiten. Das unter Denkmalschutz stehende Mittelmeerhaus besteht aus einer Holzbalkenkonstruktion und beherbergt eine gute Aeonium-Sammlung. Das ehemalige Kakteenhaus birgt in einem abgetrennten Bereich eine Botanikschule, die von Schulklassen genutzt werden kann (derzeit 3.000 Schüler pro Jahr) und im Vorraum („Königinnen-Haus“) klimmende Sukkulenten. Im großen Tropenhaus trifft man auf entsprechende Pflanzen aus Afrika und Asien, Chamäleons und eine begehbare Brücke über ein Wasserbecken mit Kaimanen. Im angrenzenden Aquarium werden Fische (Piranhas, Buntbarsche) und Pfeilgiftfrösche (Phyllobates und Dendrobates spec.) gezeigt. Im kleinen Tropenhaus findet sich schließlich die Flora der Tropen Amerikas, darunter ein Teich für die Victoria-Seerose (Victoria cruziana), die sich zum Zeitpunkt unseres Besuchs noch in Anzucht befand.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen im „Elbelandhaus“ im angrenzenden Klosterbergegarten folgte um 14 Uhr der Pfropfkurs in der erwähnten Botanikschule (Abb. 4), der etwa 20 Teilnehmer anlockte, darunter zwei Gäste. Ruud Tropper demonstrierte hier seine in EPIG Nr. 75 und Nr. 76 beschriebenen Veredelungstechniken und wurde dabei von Tobias Pfeil unterstützt und ergänzt. Wer wollte, durfte sich auch selbst praktisch erproben. Für die Spaltpfropfung auf Selenicereus wurden zur Fixierung des Pfröpflings Kanülen Gr. 2 (Apotheke oder Internet) empfohlen, die im Gegensatz zu Kakteendornen steril sind. Im Kurs kam auch zur Sprache, dass entgegen eines weitverbreiteten Irrglaubens die Leitbündel von Pfröpfling und Unterlage nicht in Kontakt sein müssen. Zum Abschluss des anderthalbstündigen Seminars stellte Tobias noch üppig bewachsene Gießtöpfe vor, die in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten Jena und einer örtlichen Töpferei entwickelt wurden und über die in EPIG Nr. 81 separat berichtet wird.
Um 17 Uhr versammelten wir uns im Tagungsraum unseres Hotels „Mercure Plaza“ zum Vortrag von Ruud Tropper unter dem Titel „Unsere Schlumbergera-Hybriden“. Ruud stellte seine S. x reginae-Züchtungen vor und berichtete weiterhin über Kreuzungen, die er mit dem Ziel durchführen wolle, weißblühende S. x reginae und S. x buckleyi-Hybriden zu erzielen.
Nach dem gemeinsamen Abendessen im Hotelrestaurant schloss sich die berühmte EPIG-Party mit über 40 Teilnehmern an (Abb. 8), bei der bis gegen Mitternacht wieder viele gespendete Pflanzen ihren Besitzer wechselten. Animiert wurde der Abend in gewohnt unterhaltsamer und fachkundiger Weise von Jochen Bockemühl und Tobias Pfeil (Abb. 5). Am begehrtesten erwies sich ein Steckling der Jim A. Nones-Züchtung ‘Gay Pride’, der vermutlich in allen Farben des Regenbogens schillernd blühen wird, gefolgt von Strophocactus wittii und Disocactus salvadorensis. Allen großzügigen Pflanzenspendern sei herzlich gedankt!
Am Sonntag trafen sich alle Interessenten um 10 Uhr nochmal in den Gruson-Gewächshäusern zu einem Rundgang durch die nichtöffentlichen Anzuchthäuser (Abb. 6 und 7). Den sehr engagierten Mitarbeitern der Einrichtung sei für ihren Einsatz und ihre Zeit, die uns eine Vielen sicher noch unbekannte botanische Einrichtung erschloss, an dieser Stelle herzlichst gedankt. Gegen Mittag endete unser Jahrestreffen, für dessen reibungslosen Ablauf und hervorragende Planung wir unserem Leiter Tobias Pfeil ebenso herzlich verbunden sind.
Matthias Appelt, matthias.appelt@alumni.uni-ulm.de
Abbildungen: